„Komm da sofort wieder runter!“ brüllte das Streifenhörnchen am Fuße des Baumes.

„Wir werden richtig Ärger bekommen, darauf habe ich wirklich keine Lust.“ fuhr es fort.

Sein Freund der Lemur saß auf halber Höhe des gigantischen Baumes und versuchte verzweifelt an die sonderbare Frucht am Ende eines dünnen Zweiges zu kommen.

„Willst du das wir verhungern? Seit Monaten hat es nicht geregnet. Das ganze Essen ist alle und alle Bäume sind fast vertrocknet. Wir brauchen das!“ schrie der Lemur vom Baum herab.

Das Streifenhörnchen war gewiss kein Narr und wusste um ihre Not. Es wusste jedoch auch, dass dieser besondere Baum weit über tausend Jahre alt war, immer grün und ein Heiligtum des Urwaldes. Von der weisen Schlange wurde einst jedem Tier verboten auf den Baum zu klettern oder von ihm zu essen. Die Tiere glaubten, dass dieser Baum aufgrund seiner Größe, seiner Fruchtbarkeit und seines Alters die Verkörperung einer Gottheit sein musste und deshalb als unantastbar erklärt wurde.

„Wir müssen eben weiter suchen. Wenn du den Baum erzürnst, dann werden wir bestimmt alle darunter leiden.“ rief das Streifenhörnchen hinauf.

Den dünnen Ast hilanghangelnd erwiderte der Lemur „Was hat unser Volk, davon, wenn alle verhungern? Wir müssen das Risiko eingehen. Der Himmel macht das Wetter und vielleicht ist das der Plan eines großen Ganzen, dass wir in der Not auf diesen Baum zurückgreifen können.“

„Aber vielleicht heißt das auch nur, dass wir weiter gehen müssen, dass wir uns mehr Mühe geben sollen, um nach Futter zu suchen“, entgegnete das Streifenhörnchen. Komm doch endlich runter, bevor dich jemand entdeckt.“

„Weißt du, anstatt hier rumzubrüllen, könntest du mir helfen bevor der Tag heranbricht, dann sind nämlich alle wach.“ sagte der Lemur bedächtig.

Beide Tiere waren seit Jahren die besten Freunde und hielten stets zusammen, doch diese Situation stellte ihre Freundschaft auf eine harte Geduldsprobe.

„Ich hab sie. Ja!“ rief der Lemur, erfüllt vor Glück. „Ich werfe die Frucht jetzt herunter, du musst sie gleicht einsammeln.“ befahl er dem Streifenhörnchen.

„Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache.“ sagte das Streifenhörnchen zum Lemur und auch zu sich selbst. Es sammelte widerwillig die großen Früchte vom Boden auf. Niemals zuvor hatte es solche Früchte gesehen. „Was machen wir jetzt damit? Wenn wir sie alleine Essen, dann verhungern die anderen, aber wenn wir sie zum Sammelplatz bringen, dann können sich alle denken was wir getan haben.“ rief das Streifenhörnchen, den runterkletterndem Lemur entgegen.

„Wir behaupten einfach, wir wären die ganze Nacht auf der Suche gewesen, auch außerhalb des Reservats und hätten sie dort gefunden. Ich bin auch kein Freund vom Lügen, aber vielleicht glauben sie es ja.“ schlug der Lemur vor.

Gesagt, getan.

Die Früchte wurden zum Sammelplatz transportiert gerade noch rechtzeitig bevor die sich langsam am Himmel emporstieg. Die ersten Tiere krochen ausgemärgelt aus ihren Höhlen, Löchern und Nestern und konnten ihren Augen nicht trauen – es gab tatsächlich Futter. Ohne groß darüber nachzudenken, stürzten sie sich auf den Berg Früchte und teilten gemeinschaftlich.

Die weise Schlange war eine Langschläferin, jedoch erweckte sie der Tumult des Sammelplatzes, der mehrere Meter direkt unter ihrem Nest lag.

FORTSETZUNG FOLGT…

Foto: Christopher Bill

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